Tiergarten Schönbrunn: Wird das neue Elefantengehege im streng geschützten Stadtwald gebaut?

An der Realisierung des geplanten neuen Elefantengeheges im Tiergarten Schönbrunn wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit seit Monaten eifrig gearbeitet. Die jüngst beschlossene Absiedelung des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) bis 2024 ist ein weiteres Indiz dafür. In den kommenden Jahren droht zumindest die teilweise Zerstörung eines geschützten Waldgebietes von 40.000 Quadratmetern!

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit sollen bereits intensive Verhandlungen mit Vertretern der UNESCO-Kommission laufen, um diesen massiven Eingriff in das Weltkulturerbe Schönbrunn möglichst zügig und ohne lästige mediale Begleitmusik durchzudrücken.

Bereits am 8. Oktober 2020 wurde die Errichtung eins neuen Elefantengeheges um 23,5 Millionen Euro bekannt und als Investition in die Zukunft gefeiert. Abgesehen von den Verantwortlichen (Republik Österreich und die Schönbrunn Tiergarten GmbH Wien) hat sich damals kaum jemand die Frage gestellt, wie die benötigte zusätzliche Fläche von rund vier Hektar (das sind 40.000 Quadratmeter!) im dicht bewaldeten Areal bereitgestellt werden soll. In einigen Presseberichten war lediglich unreflektiert zu lesen, dass „die benötigten Flächen vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) freigegeben werden. Konkret soll der Wald südlich vom Tirolerhof zum Tiergarten dazukommen“. 

Nach der abgesegneten Absiedelung des BFW nach Wien Mariabrunn steht fest, dass das neue Gehege in dem dicht bewaldeten Areal errichtet werden soll. Dies bedeutet, dass Teile des wertvollen Baumbestandes dem neuen Versiegelungs-Projekt wohl im Weg stehen und weichen müssen.

Haltung von Elefanten im Landschaftsschutzgebiet ist nicht artgerecht

Grünflächen in Städten sind angesichts zunehmender Klima-Erwärmung unverzichtbare Kühlungsflächen. Areale für Tiere im Zoo auszuweiten, mag zunächst gut klingen. Im Tiergarten Schönbrunn ist dies sicher keine nachhaltige Lösung. Denn jede Erweiterung geht auf Kosten des unverzichtbaren Grün- und Erholungsraumes der BürgerInnen der Stadt Wien und bedarf einer strengen Überprüfung durch das UNESCO Weltkulturerbe.

Es gibt Hinweise, dass das Areal von 40.000 Quadratmetern zur Züchtung von 10 bis 12 Elefanten benötigt wird. Es stellt sich die Frage, wie prestigeträchtige Elefantenhaltung in Schönbrunn in dieser Größenordnung auf Kosten wertvollen Baumbestandes zu verantworten ist. Abgesehen von den zahlreichen negativen kleinklimatischen Auswirkungen entspricht dies keiner artgerechten Haltung. Elefanten legen in freier Natur lange Strecken zurück. Für eine derart große Herde wäre selbst das gesamte Schlosspark-Areal zu klein.

Die Initiative „Zukunft Stadtbaum“ ist nicht gegen den Tiergarten Schönbrunn, sondern für den Erhalt des wertvollen Altbaumbestandes (Trittstein-Biotop, Artenvielfalt, Klimafaktor Kühlung, CO2-Bindung, Sauerstoffproduktion etc.) in der sich zunehmend erhitzenden Großstadt Wien.

Die Wiener Bevölkerung erwartet von Politik und Verwaltung die Beantwortung folgender Fragen:

  • Sofortige und laufende Informationen zum Stand der Planungen – mehr Transparenz! Wann und wo genau soll das neue Elefantengehege errichtet werden?
  • Ein bislang großteils bewaldetes, urwaldähnliches Areal wird einer völlig anderen Nutzung zugeführt. Wie ist dies mit der Naturschutz-Gesetzgebung und den Vorgaben von UNESCO Weltkulturerbe vereinbar? Wie sollen die angeblich denkmalgeschützten Gebäude umgewandelt bzw. erweitert werden – ohne Zerstörung des wertvollen Biotops?
  • Wie viele Bäume sollen gefällt werden und wie viele Bäume fallen bei der Übersiedlung des BFW nach Mariabrunn (ebenfalls wertvoller Altbaumbestand!) zum Opfer? Nachpflanzungen im Verhältnis von 1:1 werden den Verlust des Altbaumbestandes niemals ausgleichen können.
  • Was geschieht mit dem beliebten Verbindungsweg zwischen Tirolerhof und Tirolergarten – wird dieser künftig für die Öffentlichkeit nicht mehr unentgeltlich zugänglich sein?
  • Was sagt die Stadt Wien zu diesen Verbauungs-Plänen im geschützten Wald (Landschaftsschutzgebiet!) und wie lassen sich derartige Eingriffe mit der jüngst beschlossenen Klimastrategie der Wiener Stadtregierung vereinbaren?
  • Selbst ein vergrößertes Elefantengehege wird niemals dem Freiheitsbedürfnis umherziehender 10 bis 15 Elefanten gerecht werden. Wie kann ein Elefantengehege dieses Ausmaßes auch nur annähernd klimaschonend angelegt werden?
  • Elefanten bedienen sich bei ihren Streifzügen auch junger Bäume bzw. nutzen Altbäume ab (Trittschäden an Wurzeln, Stammschäden, Bodenverdichtung und Erosion im steilen Gelände). Wie ist dies etwa mit dem Wiener Baumschutzgesetz vereinbar, wenn verbleibende Bäume auch nach Errichtung des Geheges laufend durch Elefanten beschädigt und dezimiert werden und natürliche Verjüngung unterbunden wird?
  • Wurden im Vorfeld der bevorstehenden Umwidmung Erhebungen in Zusammenhang mit Auswirkungen auf hier lebende heimische und streng geschützte Arten gemacht?

Die Österreichische Hagelversicherung warnt seit Jahren vor permanentem Bodenverbrauch und dem Verlust wertvoller, natürlicher Versickerungsflächen. Die Europäische Bodenschutzkonvention von 1973 ist hierzulande nur bedrucktes Papier. Jeder weitere Bodenverbrauch muss vermieden und Flächen mit kühlenden und artenreichen Altbaumbeständen nicht leichtfertig der Verbauung preisgegeben werden. Auch nicht zum Wohle von Elefanten!

Die Initiative „Zukunft Stadtbaum“ stellt an die Verantwortlichen von Bund und Land zudem die Frage, welchen Stellenwert in Zeiten von Klimawandel und Großstadt-Erhitzung der Erhalt unserer letzten urbanen, zusammenhängenden grünen Lungen noch hat. Und wie sich dieses drohende Versiegelungs- und Rodungs-Projekt mit dem Ruf der angeblichen „Klimamusterstadt“ Wien vereinbaren lässt. Wir bleiben jedenfalls „dran“…

MEDIENBERICHTE:

Ein Bezirk trötet Widerstand, wieder einmal (15.03.3021):

https://kurier.at/chronik/wien/ein-bezirk-troetet-widerstand-wieder-einmal/401218098

Vier Hektar Wald für sechs Elefanten? (02.01.2021):

http://www.aktion21.at/themen/index.php?menu=222&id=3389&output=printer

Schlosspark Schönbrunn: Markierte Bäume sorgen für Aufregung (18.12.2020):

https://www.meinbezirk.at/hietzing/c-lokales/markierte-baeume-sorgen-fuer-aufregung_a4401711

Neues Elefantengehege: Initiative bangt um Bäume (15.12.2020):

https://www.pressreader.com/austria/heute-wien-ausgabe/20201215/282595970502681

Großer Wirbel um Ausbau des Elefantengeheges (14.12.2020):

https://www.oe24.at/oesterreich/chronik/wien/tierpark-grosser-wirbel-um-ausbau-des-elefantengeheges/457585044

Tiergarten Schönbrunn bekommt neue Elefantenanlage (08.10.2020):

https://kurier.at/chronik/wien/tiergarten-schoenbrunn-bekommt-neue-elefantenanlage/401057568Tierpark: