Wenn Bäume für die U-Bahn fallen – und nach öffentlichem Duck neu gepflanzt werden. Begonnen wird 2024 in der Universitätsstraße. Dennoch sprechen manche von einer ,Mogelpackung’….

Das groß inszenierte PR- und Medienspektakel rund um die erfolgreiche Verpflanzung einer rund 80 Jahre alten Platane konnte nicht darüber hinwegtäuschen: Die Fällung von 70 Großbäumen (davon 26 in der Inneren Stadt) rund um Universität und Rathaus für den geplanten U-Bahn-Ausbau war und ist ein ökologisches Desaster. So wichtig die Förderung des öffentlichen Verkehrs in Wien ist, so schwer wiegt der Verlust dieser wertvollen Stadtbäume. Umso notwendiger ist es, diesen Abgang nach Beendigung der Bauarbeiten mit zahlreichen Nachpflanzungen zumindest auszugleichen. Ein Rechtsanspruch auf Ersatzpflanzungen besteht aber nicht! Bei der U-Bahn-Baustelle sind rechtlich keine Ersatzpflanzungen gemäß Wiener Baumschutzgesetz vorgesehen. Hier gilt nämlich das Eisenbahnrecht, dem zufolge kein einziger gefällter Baum nachgepflanzt werden muss.

Universitätsstraße: Neue Radwege und 55 neue Bäume

Seit MItte April 2024 steht aber nach jahrelangen Protesten fest, dass künftig 55 neue Bäume die Universitätsstraße säumen werden. Während es stellenweise eine Allee geben wird, sollen an anderer Stelle drei Baumreihen für Begrünung und ein verbessertes Mikroklima sorgen. Noch heuer werden die ersten 45 Bäume gepflanzt, im Frühjahr 2025 sollen die restlichen zehn Stück folgen. Die Bezirkspolitik in der Inneren Stadt zeigt sich nicht nur erfreut. Manche sprechen sogar von einer „Mogelpackung“.

MEDIENBERICHTE:

Sind 55 neue Bäume für die Universitätsstraße genug? (24.04.2024):

https://www.meinbezirk.at/innere-stadt/c-politik/sind-55-neue-baeume-fuer-die-universitaetsstrasse-genug_a6656469

Neue Radwege und Begrünung für Universitätsstraße (12.04.2024):

https://www.meinbezirk.at/alsergrund/c-lokales/neue-radwege-und-begruenung-fuer-universitaetsstrasse_a6633348

Wiener Universitätsstraße wird umgestaltet: Zwei Fahrstreifen fallen weg (12.04.2024):

https://kurier.at/chronik/wien/wiener-universitaetsstrasse-wird-umgestaltet-zwei-fahrstreifen-fallen-weg/402855199

Radweg führt bald mitten durch diese bekannte Straße (12.04.2024):

https://www.heute.at/s/radweg-fuehrt-bald-mitten-durch-diese-bekannte-strasse-120030892

Nach U-Bahnbau steht Universitätsstraße vor klimafitter Verwandlung (12.04.2024):

https://presse.wien.gv.at/presse/2024/04/12/sima-hanke-reinagl-nach-u-bahnbau-steht-universitaetsstrasse-vor-klimafitter-verwandlung

Fotos: „Grüne Innere Stadt“

Nachpflanzungen im Verhältnis 1:1 sind mit Sicherheit zu wenig!

Die Wiener Linien haben sich bereit erklärt, im Ausmaß 1:1 nachzupflanzen – was aber niemals den Verlust der gefällten Großbäume hinsichtlich Stadtklima-Wirksamkeit wettmachen wird. Nach Meinung einiger Experten wären sogar 173 Ersatzpflanzungen erforderlich. Wieso so viele? Weil das Wiener Baumschutzgesetz pro angefangene 15 Zentimeter Stammumfang eines gefällten gesunden Baumes (gemessen in einem Meter Höhe) jeweils eine Nachpflanzung vorsieht. ​

Die Bezirksvertretung Innere Stadt hat daher den Magistrat der Stadt Wien mehrheitlich ersucht, für die im Bereich der U2/U5-Baustelle gefällten Bäume zusätzlich zu den beabsichtigten 1:1-Ersatzpflanzungen weitere Pflanzungen vorzunehmen – um jene Anzahl zu erreichen, die nach dem Wiener Baumschutzgesetz im Falle der Anwendbarkeit vorgeschrieben wäre. Diese Bäume sollen zudem ausschließlich im ersten Bezirk nachgepflanzt werden – finanziert aus dem Zentralbudget.

Wien ist nach wie vor von Klimazielen entfernt

Die Stadt Wien hat sich dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2035 insgesamt 25.000 neue Bäume zu pflanzen. Wenn gefällte Bäume nicht in vollem Ausmaß kompensiert werden, steht dies im krassen Widerspruch zu den Zielen des Klimaplans. Die ernüchternde Realität in der Wiener Innenstadt sieht derzeit so aus: Über 200 Bäume stehen auf der Liste der ausstehenden Ersatzpflanzungen, davon einige in Stations-Bereichen der Wiener Linien.

Salzstreuung in Stationsbereichen – Kaum Überlebens-Chance für Alleebäume!

Nachpflanzungen werden daher auch für die derzeit 26 stillgelegten City-Baumstandorte der Wiener Linien gefordert. Denn auf Bäume muss selbst auf diesen Extrem-Standorten (hohe Streusalz-Belastung!) nicht verzichtet werden. Erste Versuche im Stationsbereich Stubentor (Dr. Karl Lueger-Platz / Parkring) zeigen, dass Tamarisken mit diesen baumfeindlichen Rahmenbedingungen gut zurechtkommen – sh. Fotos:

MEDIENBERICHTE:

Pro & Kontra: Rettung der Wiener Platane (26.02.2021):

https://www.derstandard.at/story/2000124197475/pro-und-kontra-rettung-der-wiener-platane

Eine Platane gerettet – 70 Bäume fallen! (16.02.2021):

https://wien.orf.at/stories/3090412/

Baum gerettet – es geht ja doch! (26.01.2021):

https://www.diepresse.com/5927674/baum-gerettet-es-geht-ja-doch

Neos befürchtet „Baum-Mord“ in der Universitätsstraße (07.09.2020):

https://www.meinbezirk.at/innere-stadt/c-lokales/neos-befuerchtet-baum-mord-in-der-universitaetsstrasse_a4221468