Das groß inszenierte PR- und Medienspektakel rund um die erfolgreiche Verpflanzung einer rund 80 Jahre alten Platane kann nicht darüber hinwegtäuschen: Die Fällung von 70 Großbäumen (davon 26 in der Inneren Stadt) rund um Universität und Rathaus für den geplanten U-Bahn-Ausbau ist ein ökologisches Desaster! So wichtig die Förderung des öffentlichen Verkehrs in Wien ist, so schwer wiegt der Verlust dieser wertvollen Stadtbäume. Umso notwendiger wird es sein, diesen Abgang nach Beendigung der Bauarbeiten mit zahlreichen Nachpflanzungen zumindest auszugleichen.
Doch wie so oft ist auch im konkreten Fall die Wiener Bevölkerung auf den Goodwill von Politik, Verwaltung und Bauwerbern angewiesen. Ein Rechtsanspruch auf Ersatzpflanzungen besteht nämlich nicht! Bei der U-Bahn-Baustelle sind streng genommen keine Ersatzpflanzungen gemäß Wiener Baumschutzgesetz vorgesehen. Hier gilt nämlich das Eisenbahnrecht, dem zufolge kein einziger gefällter Baum nachgepflanzt werden muss!!! – Fotos: „Grüne Innere Stadt“
Nachpflanzungen im Verhältnis 1:1 sind mit Sicherheit zu wenig!
Die Wiener Linien haben sich freiwillig bereit erklärt, im Ausmaß 1:1 nachzupflanzen – was aber niemals den dramatischen Verlust der gefällten Großbäume hinsichtlich Stadtklima-Wirksamkeit wettmachen wird. Streng genommen wären nach Meinung einiger Experten sogar 173 Ersatzpflanzungen erforderlich. Wieso so viele? Weil das Wiener Baumschutzgesetz pro angefangene 15 Zentimeter Stammumfang eines gefällten gesunden Baumes (gemessen in einem Meter Höhe) jeweils eine Nachpflanzung vorsieht.
Die Bezirksvertretung Innere Stadt hat daher den Magistrat der Stadt Wien mehrheitlich ersucht, für die im Bereich der U2/U5-Baustelle gefällten Bäume zusätzlich zu den beabsichtigten 1:1-Ersatzpflanzungen weitere Pflanzungen vorzunehmen – um jene Anzahl zu erreichen, die nach dem Wiener Baumschutzgesetz im Falle der Anwendbarkeit vorgeschrieben wäre. Diese Bäume sollen zudem ausschließlich im ersten Bezirk nachgepflanzt werden – finanziert aus dem Zentralbudget.
Wien ist von Klimazielen weit entfernt
Die Stadt Wien hat sich dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2035 insgesamt 25.000 neue Bäume zu pflanzen. Wenn gefällte Bäume nicht in vollem Ausmaß kompensiert werden, steht dies im krassen Widerspruch zu den Zielen des Klimaplans. Die ernüchternde Realität in der Wiener Innenstadt sieht derzeit so aus: Über 200 Bäume stehen auf der Liste der ausstehenden Ersatzpflanzungen, davon einige in Stations-Bereichen der Wiener Linien.
Salzstreuung in Stationsbereichen – Kaum Überlebens-Chance für Alleebäume!
Nachpflanzungen werden daher auch für die derzeit 26 stillgelegten City-Baumstandorte der Wiener Linien gefordert. Denn auf Bäume muss selbst auf diesen Extrem-Standorten (hohe Streusalz-Belastung!) nicht verzichtet werden. Erste Versuche im Stationsbereich Stubentor (Dr. Karl Lueger-Platz / Parkring) zeigen, dass Tamarisken mit diesen baumfeindlichen Rahmenbedingungen gut zurechtkommen – sh. Fotos:
MEDIENBERICHTE:
Pro & Kontra: Rettung der Wiener Platane (26.02.2021):
https://www.derstandard.at/story/2000124197475/pro-und-kontra-rettung-der-wiener-platane
Eine Platane gerettet – 70 Bäume fallen! (16.02.2021):
https://wien.orf.at/stories/3090412/
Baum gerettet – es geht ja doch! (26.01.2021):
https://www.diepresse.com/5927674/baum-gerettet-es-geht-ja-doch
Neos befürchtet „Baum-Mord“ in der Universitätsstraße (07.09.2020):